Sonntag, 20. September 2009
Die Piraten-Partei ist frauenfeindlich, hat keine Stammwähler, hat kein Konzept und ist sowieso bloß eine Raubkopierervereinigung

(Für alle die keine Lust haben sich den ganzen Text durchzulesen, den ich geschrieben habe, den lege ich trotzdem die drei Interviews ans Herz, welche im unteren drittel verlinkt sind^^)

Das und vieles mehr habe ich die letzten Tage und Wochen immer wieder gelesen... und fand es teilweise auch recht amüsant^^ besonders die Kommentare, eine Seite gegen die Andere *lol* es geht doch nix über ein einfaches Weltbild. Ich wollte meine Senf diesen Eintrag eigentlich schon vor einer Woche schreiben, aber wegen der Karenzzeit hier musste ich einige Tage warten. Naja schreib ich's halt jetzt, ist ja immer noch aktuell. Vielleicht sollte ich noch vorher erwähnen das ich kein Pirat bin - bin da politisch viel zu desinteressiert... oder war es desillusioniert? -, aber auch nicht gegen sie.

Eine der witzigsten Debatten fand ich ja die Geschlechterdebatte, wer es nicht weiß, die Piraten haben vor einiger Zeit darüber Abgestimmt, ob für die Bezeichnung eines Parteimaigliedes nun geschlechterübergreifend Pirat sein soll oder ob man zwischen Pirat und Piratin unterscheiden wolle. Wie man sich schon denken kann wurde sich gegen eine spezifisch weibliche Form entschieden. Dies rief natürlich sofort militante Feministen und Möchtegernfrauenversteher auf den Plan, die selbstverständlich alle keine Piraten waren, die es als allerhöchste Pflicht ansahen all diesen armen Frauen in dieser Partei von Machos und Sexisten^^ zu Hilfe zu kommen. Zu erwähnen wäre da noch, dass in diesem Zusammenhang auch über eine Frauenquote und einen eigene Frauen-AG gesprochen wurde und auch diese beiden Dinge abgelehnt wurden, was beides auch zur Diskussion beigetragen hat.
Das ist so erstmal nicht so witzig und ist ja eigentlich auch nicht verwerflich, aber die Argumente dieser Leute und dann noch die Kommentare dazu... herrlich sag ich euch^^. Da waren dann so Argumente wie: ""Piratin" steht so im Duden also muss man's auch benutzen, wo kommen wir denn hin wenn jede Partei die Rechtschreibung so auslegt wie sie es will." Jetzt etwas überspitzt dargestellt - mal davon abgesehen, dass meine Firefox-Rechtschreibprüfung sagt Piratin gibt's nicht... aber das muss nix heißen^^ -.
Aber das beste "Argument" diente zur Erwiderung von Kommentaren von Männern, welche die Entscheidung der Piraten gut hießen, nämlich dass man ein Frauenhasser sei. Komisch nur, dass diese Argumente nie gezogen wurden, wenn sich echte weibliche Piraten zu Wort gemeldet hatten (die einzigen die es wirklich betrifft), auf jene Kommentare wurde meistens gar nicht eingegangen. Komisch nicht, denn diese sagten einstimmig, dass sie es gut so finden und selber dafür gestimmt hatten und auch die Initiativen für die Frauenquote und die Frauen-AG kamen alle von männlichen Piraten, aber wurden von der holden Weiblichkeit, wegen Unsinnigkeit, abgelehnt. Das zu den frauenfeindlichen Piraten.

Ich hab letztens mal einen lustigen Kommentar gelesen, ich weiß leider nicht mehr wo, aber es war zu irgendeinem Blogeintrag der aufzeigen sollte warum man die Piraten wählen solle. Der Autor des besagten Kommentars war augenscheinlich kein freund der Piraten und seine Aussage war, dass man die Piraten nicht wählen solle, da es auch überhaupt keinen Sinn machen würde, da sie eh keine Stammwähler haben... Gott hab ich gelacht als ich diesen Kommentar gelesen hatte. Echt ey, von Intelligenz strotzend, wie soll eine Partei, die zur letzten Bundestagswahl noch gar nicht existierte, auch Stammwähler haben. Naja musste ich mal loswerden^^.

Aber das Allgemeinplätzchen, welches mir zurzeit am meisten auf den Sack geht, ist: "Die Piraten haben kein richtiges Konzept, die haben nur zu ihren drei, vier Themen eine Meinung zum Rest aber nicht." Da kann ich echt nur noch den Kopf schütteln. Die Partei existiert erst seit drei Jahren und sie hat erst seit anfang, mitte dieses Jahres ordentlichen, nennenswerten Zulauf. Es ist ganz verständlich, dass sich erstmal Experten für die jeweiligen Themengebiete finden müssen. Da ruft man doch den Leuten immer wieder gern die Anfänge der Grünen ins Gedächtnis, die waren zu Anfang auch nur ein paar Spinner die von keinem der großen Parteien ernst genommen wurden und vielmehr als "Atomkraft ist scheiße" und "rettet die Wahle" hatten die damals auch nicht zu bieten.

Die beliebteste und verbreitetste Meinung über die Piraten, besonders derer die sich kein Stück mit ihnen auseinandergesetzt haben, ist, dass es eine Partei sei die sich zum Ziel gesetzt hat den bösen Raubkopierern in die Hände zu spielen und den armen Urhebern alle möglichen Rechte zu nehmen, indem sie das Urheber- und Patentrecht abschaffen. Das ist natürlich kompletter Unfug, die Piraten wollen das Urheber- und Patentrecht keines Wegs abschaffen, sondern nur den neuen Gegebenheiten anpassen und wie sie es anpassen wollen wird in diesem Blogeintrag des stellvertretenden Vorsitzenden der Piraten gut beschrieben, für alle die die Fakten mal aus erster Hand haben wollen.
In diesem Zusammenhang ist es vielleicht noch gut zu erwähnen, dass nicht nur die Piraten meinen, dass das Urheber- und Patentrecht dringend reformiert werden müsste. Zum Beispiel Brewster Kahle, amerikanischer Informatiker und treibende Kraft hinter dem Internet Archive und der Open Library, er klagte 2004 gegen die Aufhebung der bisherigen Regelung, nach der Copyrights nach einer bestimmten Zeit auslaufen, vergeblich. In diesem Interview sagt er unter anderem, dass das Copyright mit seiner Dauer von 95 Jahre in den USA totaler Quatsch sei, fern jeder Realität, und eine Dauer von 6 Monaten ein guter Schnitt wäre, mit der alle gut bedient wären (ab Minute 4:20).
Oder aber Lawrence Lessig, unter anderem Jura-Professor und Initiator der Creative Commons-Bewegung, er klage 2003 gegen die Verlängerung des Copyrights, in den USA, auf 95 Jahre, ebenfalls vergeblich. Er sagt in diesem Interview unter anderem, dass er die aktuellen Copyright-Regeln für ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert hält und fordert ein medienübergreifendes Zitaterecht: "Für Audio und Video muss das gleiche Recht gelten, wie für Text."
Ein weiteres Beispiel ist Josh Wattles, amerikanischer Anwalt und Professor für Urheberrecht, sagt in diesem Interview, dass sich die Gesetze anpassen müssen, wenn neue Technologien entstehen. Und dass die Probleme mit dem Copyright sehr Ironische sind, da ja die Länge des Copyrights dazu gedacht war, die volle Auswertung des Werkes zu ermöglichen. So konnte es im 18. Jh. schon mal 14 Jahre brauchen, bis ein Buch in allen 13 Kolonien herausgegeben wurde. Jetzt kann jeder raten auf wie viel Jahre das Schutzrecht des Copyright in den USA angesetzt wurde als das Urheberrecht im 18. Jh. das erste mal verabschiedet wurde... genau! 14 Jahre.
Und heutzutage kann man ein Werk binnen Sekunden in der ganzen Welt veröffentlichen, aber das Urheberrecht wird immer mehr ausgedehnt.
Es gäbe sicherlich noch dutzende andere Beispiele, aber ich glaube das reicht erstmal.

Naja mal seh'n was ich nächste Woche wähle... wahrscheinlich doch die Piraten hmm... oder die Linken oder die Grünen, was aber wahrscheinlich genauso wenig bringt... aber zum Koalitionsdrama werde ich glaub ich später mal noch was schreiben.

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